Mit den MuKEn 2014 rückt die energieeffiziente Gebäudetechnik weiter in das Blickfeld des Gesetzgebers. Eine dichte und gut wärmegedämmte Gebäudehülle unterbindet unerwünschte Energieflüsse von innen nach aussen oder von aussen nach innen. Die Gebäudeautomation unterbindet den „Betrieb ohne Nutzen“. Sie prüft: Sind Benutzer im Gebäude vorhanden und benötigen sie Beleuchtung, Belüftung, Heizung oder allenfalls Kühlung? Werden beide Aspekte mit ja beantwortet, so fliesst Energie. Im anderen Fall wird abgeschaltet oder in einen kontrollierten Standby geschaltet – in einzelnen Räumen, in Gebäudeteilen oder im gesamten Gebäude. Fachleute der Gebäudetechnik beachten dazu noch folgende Aspekte.
Der Gesetzgeber stellt im Modul 5 der MuKEn 2014 im Gegensatz zu anderen Modulen der MuKEn keine weiteren Forderungen an die einzelnen Regel- und Steuerfunktionen der Gebäudeautomation, sondern an die erzeugten Darstellungen des Energieverbrauchs. Damit soll für den Bediener auf einfache Art und Weise ein energetischer „Betrieb ohne Nutzen“ erkennbar sein. In einem zweiten Schritt (Betriebsoptimierung) wird dieser dann möglichst eliminiert.
Mit Einrichtungen zur Gebäudeautomation sind auszurüsten die Neubauten der Gebäudekategorien III bis XII gemäss der SIA-Norm 380/1 «Thermische Energie im Hochbau», Ausgabe 2009, Anhang A, deren Energiebezugsfläche (EBF) mindestens 5000 Quadratmeter beträgt. Erste Kantone haben mit der Umsetzung bereits begonnen.
Kat. | Art | Kat. | Art |
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III | Verwaltung | VIII | Spitäler |
IV | Schulen | IX | Industrie |
V | Verkauf | X | Lager |
VI | Restaurants | XI | Sportbauten |
VII | Versammlungslokale | XII | Hallenbäder |
Betroffene Gebäudekategorien gemäss Norm SIA 380/1 (Ausgabe 2009), Copyright: SIA
Sofern Wärmepumpen und Kältemaschinen im Gebäude eingesetzt werden, sind die Energieeffizienz-Kennzahlen aus der Messung der antreibenden Energie (Elektrizität, Gas) und der produzierten Wärme oder Kälte zu bestimmen. Die Kennzahlen von untergeordneten Erzeugungen (weniger als 10 % der Wärme- oder weniger als 10 % der Kälteproduktion) müssen nicht erhoben werden.
Beispiel Verlauf der Leistungszahl (COP) über einen Zeitraum von ca. 4 Monaten
Sofern Wärmerückgewinnungs- und Abwärmenutzungsanlagen eingesetzt werden, sind die Energieeffizienz-Kennzahlen aus den Energiemessungen der verfügbaren Wärme/Abwärme-Energie und der rückgewonnenen Wärme-Energie zu bestimmen. Bei Lüftungsanlagen mit identischen Luftmengen bei der Zu- und Abluft kann die Energieeffizienz der Wärmerückgewinnung aus Temperaturmessungen der vier Hauptluftströme (Zuluft, Abluft, Aussenluft, Fortluft) bestimmt werden. Die Kennzahlen von untergeordneten Beiträgen (weniger als 10 % der Wärme- oder weniger als 10 % der Kälteenergieproduktion) müssen nicht erhoben werden (Quelle: Vollzugshilfe des Kantons Bern). Die Energieeffizienz-Kennzahl der Wärmerückgewinnung (WRG) bei Lüftungsanlagen muss nur bei Lüftungsanlagen mit einer Abluftmenge von mehr als 1'000 m³/h erhoben werden. Ist aus technischen Gründen eine Energiemessung nicht möglich, z.B. bei gewerblichen Kälteanlagen, sind Temperaturmessungen zulässig (Quelle: Vollzugshilfe des Kantons Bern).
Je nach Verwendung der Luft im Gebäude können unterschiedliche Verfahren zum Einsatz kommen. Bei Gebäude mit hoher Dichtigkeit der Aussenhülle reicht eine Messung der Temperaturen der Aussenluft, Zuluft, Fortluft und Abluft. Die Rückwärmezahl wird dann rechnerisch ermittelt.
Hier sind beispielhaft die Messpunkte für eine Rotations-WRG dargestellt. Wichtig sind die Temperaturen der 4 Luftströme sowie die Feuchten. Daraus können mit untenstehenden Formeln die Rückwärm- und Rückfeuchtezahl berechnet werden. Die Formeln gelten analog auch für Plattenwärmetauscher sowie Kreislaufverbundsysteme. Quelle: „Handbuch zur Auswahl von Mess- und Zählpunkten für das Energieeffizienzmonitoring“, Siemens AG, 13.5.2015
Formeln die Rückwärm- und Rückfeuchtezahl: Quelle: „Handbuch zur Auswahl von Mess- und Zählpunkten für das Energieeffizienzmonitoring“, Siemens AG, 13.5.2015
Unter Betriebszeiten sind jeweils die Zeiten zu verstehen, an denen eine Anlage in Betrieb ist und Energie benötigt. Der Vergleich zwischen den gemessenen Betriebszeiten und den Nutzungszeiten des Gebäudes ist für das Betriebspersonal als Interpretationshilfe zur Deutung der gemessenen Betriebszeiten nützlich. Deshalb wäre die Darstellung der Nutzungszeit im selben Diagramm eine nützliche Interpretationshilfe. Anlagen für Kälte und Wärme können auch ausserhalb dieser Zeiten in Betrieb sein, zum Beispiel um ein Gebäude für die Benutzung vorzubereiten und entsprechend zu heizen oder zu kühlen.
Sofern entsprechende Anlagen vorhanden sind, werden die Betriebszeiten bei folgenden Hauptkomponenten erfasst (Quelle: Vollzugshilfe des Kantons Bern):
Beispiel: Grafische Darstellung der Betriebszeiten einer Gasheizung mit Hilfe eines Rasterdiagramms (engl. Carpet Plot). Auf der horizontalen Achse sind die Tage aufgetragen (Januar bis März). Auf der vertikalen Achse die Stunden eines Tages (0 bis 24 Uhr). Blau bedeutet hier keinen Gas-Verbrauch – Rot einen hohen Gasverbrauch mit max. 28 m³ pro Stunde. Gut erkennbar sind hier jeweils die Arbeitstage als 5-er Block gefolgt von den Wochenenden. Nach der Nacht- und Wochenabsenkung beginnt die Erwärmung des Gebäudes je nach Verlauf der Aussentemperatur mit einer Start-Stopp-Automatik bereits vor der eigentlichen Benutzungszeit dieses Bürogebäudes, damit bei Arbeitsbeginn eine angemessene Temperatur herrscht. Die weissen Felder gegen Ende März zeigen die Umstellung von Winter- auf Sommerzeit.
Die folgenden Temperaturwerte sind zu erfassen (Quelle: Vollzugshilfe des Kantons Bern):
Es ist jedoch aus der Sicht der Gebäudetechnik Branche empfehlenswert, diese Istwerte aufzuzeichnen, denn für eine wirksame Betriebsoptimierung sind gemessene Verläufe nötig. Gerade grössere Abweichungen zwischen Soll- und Istwerten können auf Mängel hinweisen.
Damit die geforderten Darstellungen zur Verfügung stehen, ist zur Aufnahme der nötigen Daten im Rahmen der Planung ein geeignetes Messkonzept zu entwickeln und dann auch umzusetzen. So fordert es zum Beispiel auch der Standard für Nachhaltiges Bauen Schweiz (SNBS). Dieses Messkonzept definiert eine sinnvolle Systemgrenze und zeigt die relevanten Energieflüsse zum Gebäude, im Gebäude und ggf. aus dem Gebäude heraus. Typischerweise werden heute dazu kommunikationsfähige Zähler und Sensoren eingesetzt. In der Praxis hat sich die Erfassung im 15 Minuten Takt bewährt (96 Werte pro Tag). Je grösser die Erfassungsintervalle werden (z. B. stündlich) desto weniger Daten stehen zur Verfügung und desto unschärfer werden die daraus gewonnenen Analysen. Da die gesetzliche Vorgabe Daten mindestens während und ausserhalb der typischen Nutzungszeiten verlangt, sind stündliche Intervalle das absolute Minimum.
Typische Hauptenergieträger sind Medien wie Fernwärme, Öl, Gas, Holz, Elektrizität, usw. Am Gebäude gewonnene erneuerbare Energie soll ebenfalls messtechnisch erfasst werden. Dies ist zum Beispiel nötig zur Erstellung eines „gemessenen“ Energieausweis für Gebäude nach SIA 2032. Untergeordnete Energieanteile (weniger als 10 % der jeweiligen Energieanteile Wärme, Kälte, Elektrizität), beispielsweise von Cheminée-Öfen und dgl., müssen nicht erfasst werden (Quelle: Vollzugshilfe des Kantons Bern). Die Messung findet wenn möglich auf dem Niveau Endenergie (beim Gebäudeeintritt, bei der Heizung vor der Verbrennung) statt, ansonsten bei der Nutzenergie. Hierfür eignen sich zum Beispiel die Rechnungszähler des Energieversorgers, die immer häufiger über normierte Verbindungsstellen (engl. interfaces) verfügen.
Beispiel: Verlauf der Hauptenergieträger Wärme, Strom und Wasser über mehrere Jahre
Die Erfassung der Energieverbrauchsdaten für die Hauptenergieträger erscheint zunächst plausibel. Es ist aber im konkreten Fall individuell abzuklären, wie diese Daten durch die Gebäudeautomation erfassbar sind. Ist für den Strom nur ein einfacher Ferraris-Zähler installiert ohne automatische Auslesemöglichkeit oder verfügt der Rechnungszähler z.B. über einen M-Bus, über den eine automatische Auslesung des Zählerstandes in die Gebäudeautomation möglich ist? Oder können die Daten vom örtlichen Versorger elektronisch angefordert werden und werden dann integriert?
Beispiel: Darstellung der Energie- und weiterer Versorgungsflüsse, der Messstellen, sowie der Energieeffizienz-Kennzahlen
Die erhobenen Daten müssen benutzerfreundlich dargestellt werden können. Benutzerfreundlich bedeutet hier, dass ein technisch vorgebildeter Bediener und die Vollzugsbehörden den Inhalt der Grafiken versteht.
Die Grafiken müssen Aussagen für folgende Zeitperioden ermöglichen: Jahr, Monat oder Woche und Tag. Pro Tag müssen die Daten mindestens während und ausserhalb der Nutzungszeit erhoben werden. Dies bedingt in der Regel eine Erfassung der Daten alle 15 Minuten.
Die Nutzungszeit hängt davon ab, zu welcher Zeit das Gebäude im Sinne seiner Bestimmung benutzt wird.
Unabhängig von den geforderten Berichten in den MuKEn 2014 gibt es gute Gründe auch auf die GA-Effizienzklassen zu achten. Denn eine gute Messung und Darstellung garantiert noch kein energieeffizientes Gebäude. Diese Effizienzklassen sind in der SIA 386.110 bzw. der SN EN 15232 „ Energieeffizienz von Gebäuden – Einfluss von Gebäudeautomation und Gebäudemanagement “ beschrieben. Sie werden im Bild unten summarisch beschrieben. Die typische Gebäudeautomation eines Bestandsgebäudes befindet sich heute in der Effizienzklasse C und funktioniert mit Zeitschaltprogrammen und thermostatischen Heizkörperventilen. Stand der Technik ist heute die Effizienzklasse A, die eine Raumautomation voraussetzt. Beim Ersatz einer bestehenden Gebäudeautomation ist daher auch immer zu prüfen, wie der Übergang in die effizientere Klasse A zu ermöglichen ist. Dieser Weg erschliesst grosse Potentiale ohne Gebäudehülle zu tangieren.
Initiative Résau Bâtiment IRB
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